Geschmacksmuster: H&M unterliegt gegen Yves Saint Laurent vor EuG

Das EuG hat zwei von H&M gegen die Eintragung zweier Geschmacksmuster einer Handtasche von Yves Saint Laurent erhobenen Klagen abgewiesen, EuG,  Urteile vom 10.09.2015, Az. T-525/13 und T-526/13. Der Ursprung dieser Klagen lag bereits im Jahr 2006, als Yves Saint Laurent zwei zur Anwendung auf Handtaschen bestimmte Geschmacksmuster beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt [HABM] eingereicht hatte. Diese wurden vom HABM eingetragen und H&M beantragte im Jahr 2009 die Nichtigkeit der Geschmacksmuster, da diese keine Eigenart aufwiesen und daher einem Geschmacksmusterschutz nicht zugänglich seien. Nachdem H&M auch im Verfahren vor dem HABM unterlegen war, folgte nun die nächste Niederlage vor dem EuG.

Wann ein Geschmacksmuster Eigenart aufweist:

Hierzu hat das EuG insbesondere ausgeführt:

Nach der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Verordnung EG Nr. 6/2002 des Rates v. 12.12.2001, ABl. 2002, L 3, S. 1) hat ein eingetragenes Geschmacksmuster Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster, das der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung zugänglich gemacht worden ist, bei diesem Benutzer hervorruft. Ein informierter Benutzer ist ein Benutzer, dem eine besondere Wachsamkeit eigen ist, sei es wegen seiner persönlichen Erfahrung oder seiner umfangreichen Kenntnisse in dem betreffenden Bereich. Er kennt verschiedene Geschmacksmuster, die es in dem betroffenen Wirtschaftsbereich gibt, besitzt gewisse Kenntnisse in Bezug auf die Elemente, die diese Geschmacksmuster für gewöhnlich aufweisen, und benutzt diese Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit. Die Eigenart eines Geschmacksmusters beurteilt sich unter Berücksichtigung des Grads der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei seiner Entwicklung.

Worin die Handtaschen von H&M und YSL sich unterschieden:

Hierzu hat das EuG weiter ausgeführt:

Entgegen der Auffassung von H&M ist die Beurteilung des Grads der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers keine abstrakte Vorstufe des Vergleichs zwischen den Gesamteindrücken, die die fraglichen Geschmacksmuster hervorrufen. Die Eigenart eines Geschmacksmusters bestimmt sich nicht allein nach dem Faktor der Gestaltungsfreiheit. Dieser ist vielmehr ein Gesichtspunkt, der zu berücksichtigen ist, da er es erlaubt, diese Beurteilung zu nuancieren.

Hinsichtlich des Vergleichs zwischen den von den fraglichen Taschen hervorgerufenen Gesamteindrücken weist das Gericht darauf hin, dass sich der Entscheidung des HABM zufolge die Taschen von YSL durch drei Merkmale, die sich entscheidend auf ihr Gesamterscheinungsbild auswirkten, von der Tasche von H&M unterscheiden, nämlich ihre Form, ihre Struktur und ihre Oberflächengestaltung. Das Gericht bestätigt die Beurteilung durch das HABM, wonach die Geschmacksmuster von YSL somit bei der informierten Benutzerin einen anderen Gesamteindruck hervorrufen als das von H&M. Die Unterschiede zwischen den in Rede stehenden Geschmacksmustern sind erheblich und die Ähnlichkeiten zwischen ihnen sind für den Gesamteindruck, den sie hervorrufen, unwesentlich.

Bei den Geschmacksmustern von YSL wird der Eindruck eines durch Grundlinien und eine Einfachheit der Form gekennzeichneten Musters einer Tasche hervorgerufen, während das Geschmacksmuster von H&M den Eindruck einer detaillierter gearbeiteten Tasche hervorruft, die durch Rundungen und eine mit Ornamenten verzierte Oberfläche gekennzeichnet ist. Die Riemen und der Griff der Geschmacksmuster der beiden Marken dienen offenkundig unterschiedlichen Verwendungen, da die Geschmacksmuster von YSL ausschließlich in der Hand zu tragende Taschen darstellen, während das von H&M eine über der Schulter zu tragende Tasche darstellt.