LG Köln: Schadensersatz für Nutzung von privatem Produktfoto liegt bei 120,00 €

Das LG Köln hat mit Urteil vom 27.05.2014, Az. 14 S 38/13, entschieden, dass für die widerrechtliche Nutzung einer Produktfotografie auf einer Internethandelsplattform für einen Zeitraum von mehreren Wochen ein Schadensersatz von 120,00 € angemessen sein kann. Dies gelte auch bei privat gefertigten Fotos eines Nicht-Berufsfotografen, jedenfalls dann, wenn es sich um qualitativ hochwertige Fotos handele. Das LG Köln erteilte damit der Ansicht der Vorinstanz eine Absage, die dem Urheber nur einen Schadensersatz in Höhe von 10,00 € zugesprochen hatte.

Aus den Entscheidungsgründen:

Gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann der Schadensersatzanspruch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzte als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dabei ist für die Berechnung des maßgeblichen objektiven Werts der Benutzungsberechtigung darauf abzustellen, was vernünftig denkende Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten (vgl. BGH GRUR 1990, 1008, 1009 – Lizenzanalogie; GRUR 2006, 136 Rn. 23,26 – Pressefotos; OLG Brandenburg, GRUR-RR 2009, 413 – MFM-Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig GRUR-RR 2012, 920, 922; OLG Köln, Urt. v. 1.3.2013 – 6 U 168/12). Hierfür kommt es auf die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH a.a.O. Rn. 26). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321; OLG Braunschweig a.a.O) und welchen Wert der Verletzte im Nachhinein der Benutzungshandlung beimisst.

Bei der Festsetzung einer angemessenen Lizenz ist es nahe liegend, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH, NJW-RR 1986, 1215 – Liedtextwiedergabe II; BGH GRUR 2006, 136 Rn. 23 – Pressefotos, OLG Köln a.a.O.). Die von dem Kläger zur Bemessung seines Schadensersatzanspruches herangezogenen Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing (im Folgenden: MFM – Empfehlungen) werden regelmäßig als in der Branche der Bildagenturen und freien Berufsfotografen übliche Regelung der Lizenzsätze für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern und deshalb als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 – Pressefotos; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393 – Informationsbroschüre; OLG Brandenburg, GRUR 2009, 413 – MFM – Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig, GRUR-RR 2012, 920, 922). Dabei enthalten die MFM-Empfehlungen 2012 im Abschnitt „Online-Nutzungen, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Banner, Online-Shops (Werbung/PR/Corporate Publishing)” Honorarsätze für die Nutzung von Lichtbildern im Rahmen gewerblichen Internetpräsentationen. Demzufolge werden sie bei der Einstellung von Lichtbildern in gewerbliche Verkaufsangebote im Internet, so auch auf Online-Plattformen, als Ausgangspunkt für die Schätzung der vom Verletzer zu entrichtenden fiktiven Lizenz herangezogen (vgl. OLG Brandenburg a.a.O., LG Düsseldorf, Urt.v. 19.3.2008 – 12 O 416/06 – Rn 1f, 35 – juris, OLG Köln, Urt.v. 01.03.2013 – 6 U 168/12).

Die MFM- Empfehlungen sind allerdings nicht schematisch anzuwenden, sondern unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände gegebenenfalls zu modifizieren, da die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Rn. 28 ff – Pressefotos; OLG Braunschweig a.a.O. S. 922, OLG Köln, Urt. v. 30.04.2010 – 6 U 201/09, Urt. v. 23.05.2012 – 6 U 79/12; Urt. v. 01.03.2013 – 6 U 168/12). Dabei ist auch zu beachten, dass es sich bei den MFM- Empfehlungen weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr eher um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handelt (BGH NJW 2010, 2354 Rn. 36 – Restwertbörse).

Nach der ständigen Rechtsprechung des für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständigen Senats des Oberlandesgerichts Köln (vgl. zuletzt OLG Köln, Urt. v. 01.03.2013, 6 U 168/13), der die Kammer folgt, sind die MFM-Empfehlungen unter Berücksichtigung o.g. Grundsätze als entsprechend anwendbar heranzuziehen, wenn es sich – wie vorliegend – nicht um die unberechtigte Nutzung einfacher „Schnappschüsse” sondern qualitativ hochwertiger Fotos handelt, auch wenn diese nicht von einem Berufsfotografen angefertigt worden waren. Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall, da die Lichtbilder von dem Kläger, wie der Kammer aus einer Vielzahl gleich gelagerter Verfahren bekannt ist, gleichfalls mit erheblichem Erstellungsaufwand in einem eigenen Fotolabor mit ähnlicher Qualität wie die von einem Berufsfotografen erstellten Lichtbilder angefertigt werden“.