Die Unterlassungserklärung und die Vertragsstrafe – Warum sie notwendig ist und welche Gefahren bei Abgabe eines Vertragsstrafeversprechens drohen

Den folgenden Satz kennt vermutlich jeder, der das Pech gehabt hat, wegen des Vorwurfs des sog. Filesharing eine Abmahnung im Briefkasten zu finden:

„Der Unterlassungsschuldner verpflichtet sich, es bei Meidung einer Vertragsstrafe von 5.100 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, das urheberrechtlich geschützte Musikstück „Hätte ich doch nur gestreamt“ der Künstlergruppe „Kinox“ öffentlich zugänglich zu machen“

Musiktitel und Bandname sind natürlich rein fiktive Beispiele.

Solche Formulierungen, Vertragsstrafeversprechen genannt, finden sich nicht nur im Bereich des Urheberrecht, sondern auch im Markenrecht, Wettbewerbsrecht und überall dort, wo ein Unterlassungsanspruch gegen einen Rechtsverletzter geltend gemacht werden kann. Aber auch z.B. bei Service-Level-Agreements, bei Kundenschutzklauseln, bei Geheimhaltungspflichten oder für den Fall der Nichteinhaltung wichtiger Lieferterminen finden sich solche Regelungen.

Bei einem Anspruch, der auf Zahlung gerichtet ist, ist ziemlich klar, wie er zu erfüllen ist: Indem der Schuldner an den Gläubiger die geschuldete Summe zahlt. Wie aber ist das bei einem Anspruch auf Unterlassung? Geschuldet ist hier nicht die Bewirkung einer Leistung, sondern eine Verhaltensweise, oder eben: Das Unterlassen einer bestimmten Verhaltensweise.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist hier ganz klar: Ein Rechtsverstoß schafft eine Wiederholungsgefahr. Im Regelfall reicht schon ein einmaliger Rechtsverstoß, auch wenn es hier Ausnahmen gibt. Diese Wiederholungsgefahr kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass der Rechtsverletzer sich zur Zahlung einer Strafzahlung für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung verpflichtet, mithin eine sog. strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Nur dann, wenn eine solche Vertragsstrafe versprochen wird, ist das Unterlassungsversprechen endgültig und ernsthaft.

Das bloße Beteuern, man werde eine bestimmte Verhaltensweise „ganz bestimmt nie wieder“ zeigen, genügt also nie. Aber ist deswegen auch jede Strafzahlung, die von dem Adressaten einer Abmahnung gefordert wird, zulässig?

Höhe der Vertragsstrafe in einer Unterlassungserklärung

Wie hoch diese sein darf und wie hoch sie sein muss, lässt sich immer nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Der BGH hat hierzu einige Kriterien herausgearbeitet [BGH, Urteil vom 13.11.2013, Az. I ZR 77/12]. Entscheidend sind danach die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, die Gefährlichkeit der Zuwiderhandlung für den Gläubiger, die Art des Verschuldens des Verletzers sowie, die Art und Größe des Unternehmens des Schuldners.

Allgemein üblich sind Strafen von knapp über 5.000,00 € pro Rechtsverstoß. Diese Summe setzen Unterlassungsgläubiger nicht zuletzt deswegen gerne fest, weil ab einem Streitwert von 5.000,00 € das Landgericht und nicht das Amtsgericht sachlich zuständig ist. Im Wettbewerbs- und im Markenrecht sind aber auch deutlich höhere Summen üblich und wirksam, wenn es sich um Unternehmen mit einem entsprechend großen Umsatz handelt.

In besagtem Urteil vom 13.11.2013 hat der BGH sogar eine vom Gläubiger einseitig vorgegebene Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 € für wirksam erachtet.

Dagegen kann selbst eine Strafzahlung von 5.000,00 € zu hoch sein. So hat das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 29.12.2010, Az.: 2a O 162/10, entschieden, dass bei einem kleinen, lediglich örtlich tätigen Unternehmen ohne besonders hohe Umsätze, lediglich eine Zahlung von 1.500,00 € angemessen sei.

Unterlassungserklärung schafft eigenen Schuldgrund für Vertragsstrafe

Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe kann also unwirksam sein. Wie ist es aber, wenn das Verhalten, zu dessen Unterlassung man sich verpflichtet hat, überhaupt nicht rechtswidrig war? Ist auch dies ein Grund, warum eine geltend gemachte Vertragsstrafe nicht gezahlt werden muss?

Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 29. April 2014, Az. 6 U 10/13, entschieden, dass die Abgabe einer Unterlassungserklärung das Entstehen eines eigenen Schuldverhältnisses zur Folge hat und ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einem Unterlassungsvertrag grundsätzlich unabhängig davon besteht, ob die ursprüngliche Verpflichtung, zu deren Unterlassung sich der Schuldner bereit erklärt hat, rechtswidrig war oder nicht.

Die Beklagte hatte sich im Rahmen des zu entscheidenden Verfahrens vertraglich durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung dazu verpflichtet, in Zukunft bestimmte unzulässige Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr zu verwenden. Für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungserklärung wurde die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen. In der Folge verwendete die Beklagte die abgemahnten Klauseln jedoch erneut. Sie konnte dem daraufhin geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Zahlung der Vertragsstrafe nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Verwendung dieser Klauseln sei überhaupt nicht wettbewerbswidrig, weder zum jetzigen Zeitpunkt, noch bei Abgabe der Unterlassungserklärung. Dieser Einwand war ihr durch den abgeschlossenen Unterwerfungsvertrag abgeschnitten.

Konsequenzen für den Abgemahnten

Es ist daher jedem Abgemahnten zu raten, genau prüfen zu lassen, ob eine Unterlassungserklärung überhaupt abgegeben werden sollte. Vorschnelle Unterlassungsversprechen in Kombination mit einem Vertragsstrafeversprechen können dazu führen, dass die Strafe bei einem künftigen dem Unterlassungsversprechen zuwider laufenden Verhalten auch dann zu zahlen ist, wenn sich das Verhalten im Nachhinein als rechtmäßig erweist.

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, können Sie diese bei mir überprüfen lassen. Die übereilte Abgabe von Unterlassungserklärungen hat sich oft als sehr unvorteilhaft erwiesen, so dass die Kosten für eine entsprechende Beratung gut investiert sind.