Urheberrecht: Kein Recht auf Schadensersatz der Erben aus unterlassener Urhebernennung, wenn Urheber darauf verzichtet hat

Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Beschluss vom 15.08.2014, Az. 11 W 5/14, entschieden, dass die Witwe des verstorbenen Urhebers eines Landeswappens keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unterlassener Urheberbenennung geltend machen kann, wenn der Urheber selbst zu seinen Lebzeiten darauf verzichtet hatte. Der Urheber hatte sein Namensnennunsrecht nie ausgebüt, obwohl der entsprechende Hoheitsträger das Wappen ca. 60 Jahre lang genutzt hatte. Damit habe er, so das OLG Frankfurt a.M., auf dieses Recht verzichtet. Daran müsse sich auch die Erbin festhalten lassen.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Der geltend gemachte Anspruch auf Urheberbenennung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Recht des Urhebers auf Namensnennung entsteht zwar nicht erst, wenn es der Urheber geltend macht (OLG Hamburg, ZUM 2003, 480, Rn. 13 – Handy-Klingeltöne). Dem Urheber steht es aber frei, sein Namensrecht zeitweilig oder auf Dauer nicht auszuüben. Dabei können Verkehrsgewohnheiten und allgemeine Branchenübungen zu berücksichtigen sein. Es ist allgemein bekannt, dass es bei der Abbildung staatlicher Hoheitszeichen und von Wappen nicht üblich ist, den Urheber des Entwurfs anzugeben. Davon dürften die Parteien bei der Rechteeinräumung ausgegangen sein. Der Umstand, dass A jahrzehntelang nicht auf der Anbringung der Urheberbenennung auf dem Landeswappen bzw. in allgemein zugänglichen Quellen – wie den im Antrag zu 1. näher ausgeführten – bestand, lässt nur den Schluss zu, dass er – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Unüblichkeit einer solchen Benennung auf Hoheitszeichen -, sich stillschweigend mit einer solchen Einschränkung seines Namensrechtes einverstanden erklärt hat (zur konkludenten Vereinbarung einer Beschränkung des Namensnennungsrechts vgl. Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Auflage, § 13 Rn. 14).

[…]

An diese Entscheidung ist die Antragstellerin als Erbin gebunden. Das Urheberrecht wird in der Lage vererbt, in der es sich beim Erblasser im Todeszeitpunkt befand (Nordemann a.a.O. § 30 Rn. 9 m.w.N.; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage, § 28 Rn. 7). Hatte der Erblasser sein Namensrecht über längere Zeit nicht ausgeübt und liegt darin eine zwischen den Parteien konkludent vereinbarte Beschränkung des Namensnennungsrechtes (BGH GRUR 1995, 671, 672 – Namensnennungsrecht des Architekten), so ist auch der Erbe an diese vertragliche Beschränkung grundsätzlich gebunden. Zwar ist der Urheber selbst an eine derartige Beschränkung nicht ohne weiteres auf Dauer gebunden. Die Voraussetzungen, unter denen er sein Einverständnis mit der Nichtbenennung widerrufen könnte, sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich (vgl. etwa OLG München, ZUM 2003, 964), da sich die Situation im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten, während derer der Erblasser sein Namensnennungsrecht nicht ausgeübt hat, nicht erkennbar verändert hat. Die Antragstellerin als Erbin ist deshalb an den stillschweigend vereinbarten Verzicht gebunden, weil sie insoweit nur eine eingeschränkte Rechtsposition erlangt hat. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob eine Urheberbenennung unabhängig von der zwischen den Parteien stillschweigend getroffenen Vereinbarung auch schon deshalb nicht verlangt werden könnte, weil sie nach den bekannten Usancen unüblich ist, wofür freilich viel spricht.

Selbst wenn man nicht von einer stillschweigenden Vereinbarung über die Nichtausübung des Benennungsrechts ausgehen würde, könnte der Antragsgegner dem Anspruch den Einwand der Verwirkung entgegenhalten. Angesichts der Auswertung des Landeswappens ohne Urheberbenennung über mehr als 60 Jahre musste der Antragsgegner nicht mehr damit rechnen, dass A oder seine Erbin noch ein Urheberbenennungsrecht geltend machen würden (vgl. auch OLG München, ZUM 2011, 422 – Tatort – Vorspann).

Nun sind wohl die wenigsten Personen Urheber eines Wappens, so dass sich die Frage der Praxisrelevanz dieser Entscheidung stellen mag. Die Entscheidung lässt sich jedoch auch auf Konstellationen mit anderen urheberrechtlich geschützte Werke übertragen.  Wird ein Urheberrecht vererbt, muss sich der Erbe grundsätzlich an den Umfang der Rechteeinräumung durch den Urheber festhalten lassen. Allerdings: Für jeden Einzelfall ist zu prüfen, ob die unterlassene Geltendmachung des Namensnennungsrechts auch wirklich einen Verzicht darstellt. Dies hat das OLG Frankfurt a.M. hier u.a. damit begründet, dass es bei Wappen absolut unüblich sei, dass deren Urheber genannt wird. Das ist zweifelsohne richtig, kann aber bei anderen Werken ganz anders aussehen. Es lohnt sich also im Zweifelsfall für die Erben durchaus zu prüfen, ob sie aus einem vererbten Urheberrecht noch Ansprüche herleiten können.