Schadensersatz wegen als Berechtigungsanfrage „getarnter“ Abmahnung

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 06.03.2014, Az. I-2 U 90/13, entschieden, dass dem Adressaten einer unberechtigten Schutzrechtsabmahnung ein Anspruch auf Ersatz der eigenen Rechtsanwaltskosten zusteht. Soweit nichts Neues – dies soll nach Ansicht des OLG Düsseldorf aber auch dann gelten, wenn eigentlich „offiziell“ nur eine Berechtigungsanfrage gestellt wurde.

Was ist eine Berechtigungsanfrage?

Im Gegensatz zu einer Abmahnung ist eine Berechtigungsanfrage das mildere Mittel, dass einem Rechteinhaber zur Verfügung steht, um einer möglichen Verletzung seiner Rechte nachzugehen. Die Berechtigungsanfrage dient dazu, beim vermeintlichen Rechtsverletzer „unverbindlich“ nachzufragen, warum dieser einen bestimmten Namen oder ein bestimmtes Design benutzt und ihn darauf hinzuweisen, dass man selbst ein möglicherweise entgegenstehendes Recht hat, das schwerer wiegt. Bei der Berechtigungsanfrage wird insbesondere nicht die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert. Es mag sein, dass der Anfragende sich nicht darüber sicher ist, ob wirklich eine Verletzungshandlung gegeben ist oder dass Zweifel am Bestand des eigenen Schutzrechts bestehen. Berechtigungsanfragen können insbesondere im Gebrauchsmusterrecht, Geschmacksmusterrecht, Designrecht, Markenrecht und Urheberrecht gestellt werden.

Der (vermeintliche) Rechtsverletzer wird nur dazu aufgefordert, zu dem Vorwurfe einer möglichen Rechtsverletzung Stellung zu beziehen. Erfolgt eine solche Stellungnahme und vermag der vermeintliche Rechtsverletzer seine Berechtigung deutlich zu machen, so hat sich die Berechtigungsanfrage damit auch schon erledigt und die Angelegenheit ist abgeschlossen. Kann er dies nicht, so kann der Rechteinhaber anschließend seinen Unterlassungsanspruch weiterverfolgen und eine außergerichtliche Abmahnung aussprechend und ggf. gerichtliche Schritte einleiten.

Unterschied der Berechtigungsanfrage zur Abmahnung

Mit der Abmahnung versucht der Rechteinhaber direkt, seine Ansprüche durchzusetzen. Er versucht keine Unklarheiten zu beseitigen, sondern er fordert die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Konsequenz ist u.a., dass der Adressat einer unberechtigten Abmahnung Ersatz seiner eigenen Rechtsanwaltskosten verlangen darf, die er zur Abwehr der Abmahnung aufwenden musste. Bei der unberechtigten Berechtigungsanfrage besteht ein solcher Kostenersatzanspruch nicht.

In dem vorliegenden Fall hatte nun der Rechteinhaber zwar zunächst nur eine Berechtigungsanfrage ausgesprochen, hat diese aber mit der Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung verbunden. So hat er u.a. ausgeführt:

„[…] Dadurch könnte Ihrerseits eine Gebrauchsmusterverletzung begangen worden sein. Ich habe Sie daher aufzufordern, bis spätestens 24.02.2012 (hier eingehend) mitzuteilen, woraus Sie ein Recht zur Benutzung des Gebrauchsmusterrechts herleiten. Sollten keine rechtfertigenden Gründe vorliegen, so füge ich eine Unterlassungsverpflichtungserklärung bei und räume Ihnen dadurch die Möglichkeit ein, ein kostspieliges und zeitaufwändiges gerichtliches Verfahren abzuwenden, indem Sie Gebrauchsmusterverletzungen durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ausräumen. Dies geschieht dadurch, dass Sie sich dazu verpflichten, die beanstandeten Gebrauchsmusterverletzungen künftig zu unterlassen und diese Verpflichtung durch das Versprechen einer Vertragsstrafe für den Fall der Wiederholung absichern.

Ob eine Abmahnung oder bloß eine Berechtigungsanfrage vorliegt, beurteilt sich maßgeblich danach, ob an den Adressaten ein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsverlangen gerichtet wird (BGH, Urteil vom 12.07.2011, Az. X ZR 56/09 – Besonderer Mechanismus; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2012, Az. I-2 U 1/12).

Hatte das Landgericht Düsseldorf noch angenommen, dass ein Meinungsaustausch über die Frage einer Rechtsverletzung im Vordergrund stehe, so hat das OLG Düsseldorf hierzu ausgeführt:

Die Annahme des Landgerichts, die Aufforderungsschreiben der Beklagten zielten lediglich auf einen Meinungsaustausch über die Frage der Schutzrechtsverletzung ab, wird diesen Grundsätzen nicht gerecht. Richtig ist zwar, dass die streitbefangenen Anwaltsschreiben in ihrem ersten Teil als reine Berechtigungsanfrage formuliert sind und dementsprechend im Anschluss an die dem Adressaten gesetzte Äußerungsfrist die Aufforderung zu der Mitteilung enthalten, aus welchem Grund sich der Adressat für berechtigt hält, das Gebrauchsmuster 202 21 XXX der Beklagten zu benutzen.

 

Damit enden die Schreiben der Beklagten jedoch nicht. Sie enthalten vielmehr einen vom Umfang her etwa gleichgewichtigen zweiten Teil, der sich auf die von der Beklagten ihrem Schreiben beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung bezieht. Die diesbezügliche Textpassage erschöpft sich nicht in einer rechtlichen Belehrung des Adressaten darüber, welche Ansprüche der Beklagten zustehen würden, falls von einer Gebrauchsmusterverletzung auszugehen sein sollte. Bereits die Beifügung einer vorformulierten Unterlassungserklärung macht dem Adressaten vielmehr deutlich, dass die Beklagte von ihm ein bestimmtes Verhalten erwartet. Er soll sich nämlich durch Unterzeichnung der vorbereiteten Erklärung rechtsverbindlich zur Unterlassung des mit dem Aufforderungsschreiben in Bezug genommenen Verhaltens verpflichten.

 

Besonderen Nachdruck erhält diese Forderung dadurch, dass dem Adressaten für den Fall, dass er die Unterlassungserklärung nicht fristgerecht abgibt, mit sofortigen, ohne weitere Vorankündigung einzuleitenden gerichtlichen und strafrechtlichen Maßnahmen gedroht wird. Zwar äußert die Beklagte ihr Verlangen nach Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung nur für den Fall, dass keine die Benutzung des Gebrauchsmusters rechtfertigenden Gründe vorliegen. Das ändert jedoch nichts daran, dass der Adressat bereits durch das Aufforderungsschreiben mit dem endgültigen und ernsthaften Begehren konfrontiert wird, weitere Benutzungshandlungen einzustellen (und dies rechtlich sogar durch eine vertragsstrafenbewehrte Verpflichtungserklärung abzusichern).

 

Die Entscheidung darüber, ob ein Unterlassungsbegehren gestellt wird oder nicht, hat die Beklagte damit nicht einer späteren, erst noch zu treffenden Entscheidung vorbehalten, wie dies der Fall wäre, wenn, sollte die Frist zur Stellungnahme auf das Aufforderungsschreiben versäumt werden, lediglich mit der Einschaltung von Patentanwältin gedroht würde oder die Möglichkeit aufgezeigt würde, gerichtliche Schritte einzuleiten.

Sie sind Inhaber eines Schutzrechts, z.B. eines Markenrechts und sind der Ansicht, dass ein Dritter dieses Markenrecht verletzt? Ich prüfe für Sie, welche rechtlichen Schritte als nächstes eingeleitet werden sollten. Nicht immer ist eine direkte Abmahnung der beste Weg. Wenn aber eine Berechtigungsanfrage gewählt wird, so ist darauf zu achten, dass es auch wirklich eine Berechtigungsanfrage ist und keine versteckte Abmahnung. Ansonsten droht eine Pflicht zur Kostenerstattung, wenn sich herausstellt, dass der Dritte ein Benutzungsrecht hat.